Organisationsformen deines Home Trainings

Das Jahr 2020 stellte uns und unser Fitnesstraining vor ganz neue Herausforderungen. Fitnesscenter sind geschlossen, Gruppentraining ist nicht erlaubt und das Vereinstraining fällt aus. Doch wie sagte Hawking? „Intelligenz ist die Fähigkeit, sich dem Wandel anzupassen.“ Viele reagieren auf die veränderten Trainingsbedingungen mit viel Ausdauertraining an der frischen Luft. Gegen Joggen, Radfahren und Spaziergänge ist prinzipiell nichts einzuwenden, jedoch sollte das Krafttraining wegen seiner vielfältigen, positiven Auswirkungen auf unseren Körper vor allem jetzt nicht vernachlässigt werden. Das Training mit dem eigenen Körpergewicht ist eine effektive, zeit- und kostensparende Methode, um sich auch zu Hause fit zu halten. Durch verschiedene Organisationsformen werden Muskeln ganzheitlich gekräftigt und zudem machen die abwechslungsreichen Homeworkouts auch richtig Spaß.

Vorteile des Krafttrainings

Unter Anpassung bzw. Adaptation versteht man im Allgemeinen eine organische und funktionelle Umstellung des Organismus auf innere und äußere Anforderungen (4). Das bedeutet, dass sich die Leistungsfähigkeit im Training und im Alltag durch regelmäßiges Krafttraining verbessert. Nicht nur Muskeln werden gekräftigt, sondern auch Sehnen, Bänder und Knochen gestärkt, was zum Beispiel Haltungsschäden, Osteoporose und Verletzungen vorbeugt. Außerdem wirkt sich Krafttraining positiv auf das Herz-Kreislauf- und Nervensystem sowie den Stoffwechsel aus. Während beim klassischen Ausdauertraining zwar während der Einheit viele Kalorien verbrannt werden, endet der Belastungsreiz nahezu unmittelbar nach der Einheit. Beim Krafttraining hingegen bleibt die Wirkung auf Stoffwechselaktivitäten noch bis zu 48 Stunden nach dem Training erhalten. Durch die Reizintensität ist der Körper mit einer Art Selbstregulierung beschäftigt, die den Energie- und somit Kalorienverbrauch in die Höhe schießen lassen (2). Hinzu kommt, dass sich Muskeln durch regelmäßiges Krafttraining verdicken und dadurch nicht nur für einen optisch strafferen Körper sorgen, sondern auch in Ruhe mehr Kalorien verbrennen.

Krafttraining in den eigenen vier Wänden

Natürlich macht das Training in der Gruppe oder im Fitnesscenter großen Spaß, aber auch Homeworkouts bieten einige Vorteile. Zum einen lässt sich dadurch viel Zeit und Planung sparen, da der Hin- und Rückweg zum Gym, das Warten vor Geräten und Smalltalk wegfallen. Außerdem macht es unabhängig von Geräten, Trainern, Öffnungs- und Kurszeiten. Mark Lauren bezeichnet unseren Körper als „modernstes Fitnessgerät, was jemals entwickelt wurde“ und das wir zudem immer bei uns haben (2). Die momentane Situation bringt also auch die Chance mit sich, back to basic – zurück zur Basis, zum eigenen Körper zu kommen und mit diesem (hart) zu arbeiten.

Grundlagen fürs Hometraining

Prinzipiell gilt, dass sich Trainingsauswirkungen immer nur in den Muskelgruppen zeigen, die auch beansprucht werden. Werden sie zu wenig oder gar nicht beansprucht, bleiben bzw. werden sie kleiner, schwächer und ermüden schneller (3). Daher sollte ein Krafttraining – egal, ob im Fitnesscenter, outdoor oder als Homeworkout – immer ganzheitlich und funktional gestaltet werden. Konkret bedeutet dies, Zug- und Druckbewegungen in horizontaler und vertikaler Ebene sowie Core- und Unterkörper-Übungen in einem ausgeglichenen Verhältnis im Training zu integrieren (1).

Eines der wichtigsten Trainingsprinzipien lautet Progression. Werden immer die gleichen Übungen mit gleicher Wiederholungszahl und demselben Gewicht durchgeführt, bleiben der Trainingsreiz und die Adaptation des Körpers aus. Auch zu Hause ist eine Steigerung der Intensität möglich durch:

  • den Einsatz von Hebelwirkungen
  • instabile Untergründe
  • unilaterales Training
  • die Gestaltung von Pausen- und Belastungsintervallen
  • die Variation von Tempi
  • die Integration Hilfsgeräten

Das Nutzen von unterschiedlichen Hebelwirkungen lässt sich zum Beispiel am Liegestütz veranschaulichen. Von einer einfacheren zur schweren Version lassen sich Liegestütze mit den Händen an der Wand, an einer Erhöhung wie einem Tisch oder der Couch, klassisch mit den Händen am Boden vom breiten bis ganz engen Griff und schließlich mit erhöhten Füßen durchführen. Auch instabile Untergründe wie zwei Bälle können jeweils unter den Händen oder Füßen ergänzt werden. Unilaterale Liegestütze werden entweder nur auf einem Fuß oder mit einer Hand durchgeführt. Die Übungsintensität wird natürlich auch dadurch verändert, ob man zwischen einem Übungssatz eine oder fünf Minuten Pause macht und ob man sehr schnell arbeitet oder beispielweise im Tempo: drei Sekunden tief, drei Sekunden in der untersten Position halten und drei Sekunden wieder hoch in den Stütz. Zu guter Letzt könnte auch ein Widerstandsband eingesetzt werden, indem es hinter den Rücken und mit beiden Händen festgehalten wird, was den Liegestütz erschwert.

Allein diese einzige Übung lässt wahnsinnig viele Varianten für Einsteiger und Fortgeschrittene zu, sodass das Training nie langweilig wird und zudem auch gesteigert werden kann.

Organisation von Homeworkouts

Im Allgemeinen lässt sich Krafttraining durch Wiederholungen und Sätze strukturieren. Eine Wiederholung meint dabei die einmalige Ausführung einer Übung, während der Satz eine bestimmte Wiederholungszahl einer Übung am Stück beschreibt. 3 x 12 bedeutet dann, dass drei Sätze einer Übung mit je zwölf Wiederholungen absolviert werden sollen.

Es macht Sinn, die Übungen vorher aufzuschreiben, um den Überblick nicht zu verlieren und um die Trainingseinheit auch bis zum Schluss durchzuziehen. Ganz nach dem Motto: „Höre nicht auf, wenn es weh tut, sondern wenn du fertig bist.“ Wird ein Ganzkörpertraining durchgeführt, sollten Druck- und Zugbewegungen sowie Übungen für den Rumpf und den Unterkörper in einem ausgewogenen Verhältnis enthalten sein. Darüber hinaus kann das heimische Krafttraining aber auch in ein Ober- und Unterkörpertraining gesplittet werden. Sechs bis acht Übungen mit jeweils drei bis fünf Sätzen sind zu empfehlen.

Auch das Pyramidentraining setzt enorme Trainingsreize – vor allem dann, wenn es bis zum Muskelversagen durchgeführt wird. Man startet mit einer Wiederholung und pausiert danach kurz. Im Anschluss erfolgen zwei Wiederholungen, Pause, drei, Pause, vier usw. bis hin zu der Wiederholungszahl, wonach keine weitere mehr geht. Anschließend geht es mit der Wiederholungszahl wieder in den gleichen Schritten nach unten. Es wird brennen!

Auch das sogenannte Hunderter-Training wird durch die Anzahl der Wiederholungen strukturiert. Ziel des Trainings ist es, von jeder Übung genau 100 Wiederholungen durchzuführen. Auch hier ist zu empfehlen, fünf bis zehn Übungen im Vorfeld aufzuschreiben. Am meisten Spaß macht es, in Zehnerschritten zu arbeiten und für jeweils zehn Wiederholungen einen Strich hinter die Übung zu setzen. Die Übungen können individuell abgearbeitet werden, zum Beispiel in 20er- oder 30er-Schritten. Dabei ist es entweder möglich, immer erst eine Übung mit 100 Wiederholungen zu beenden und danach mit der nächsten weiter zu machen oder diese durcheinander zu absolvieren. Nach dem Training fühlt man sich so richtig stolz.

Organisationsformen des Intervalltrainings

Eine andere Art der Trainingsorganisation erfolgt durch Intervalle mit Pausen- und Arbeitszeiten. Intensives Intervalltraining bewirkt nicht nur einen großen Nachbrenneffekt nach der Einheit, sondern setzt auch ausgeprägte Trainingsreize für das Herz-Kreislauf-System und den Energiestoffwechsel (4).

Eine Form des Intervalltrainings ist das Zirkeltraining, bei dem sechs bis zehn Übungen hintereinander weg absolviert werden. Dabei beträgt die Arbeitszeit zum Beispiel 45 Sekunden mit 15 Sekunden Pause. Für Einsteiger ist ein Zirkel mit sechs Übungen mit je 30 Sekunden Arbeits- und Pausenzeitzeit und zwei Durchgängen mit einer Pause von zwei Minuten zu empfehlen. Fortgeschrittene hingegen können zehn Übungen mit 50 Sekunden Arbeits- und 10 Sekunden Pausenzeit für vier Durchgänge mit einer Pause von jeweils einer Minute absolvieren. Durch die Gestaltung der Intervalle lässt sich die Intensität steigern und somit eine Progression erzielen.

So könnte ein Ganzkörper-Zirkeltraining gestaltet werden. Nähere Übungshinweise findest du hier: ZIRKELTRAINING mit Bildern und Erklärungen und ZIRKELTRAINING 2 mit Bildern und Erklärungen

Ein kurzes, aber knackiges Intervalltraining bietet Tabata, das von Izumi Tabata aus Tokio erfunden wurde. Ein Tabata dauert vier Minuten, wobei sich immer 20 Sekunden Belastung mit einer zehn-sekündigen Pause abwechseln. Ein Workout besteht aus vier Runden, also nur insgesamt 16 Minuten. Die Übungen sollten hierbei so gewählt werden, dass sie als hoch intensiv empfunden werden wie zum Beispiel Burpees oder Squat Jumps, um den gewünschten Trainingseffekt zu erzielen. In einer sechswöchigen Studie wurden zwei Trainingsgruppen verglichen. Die eine absolvierte moderates Ausdauertraining, die andere Gruppe nur vier Minuten Tabata-Training an fünf Tagen pro Woche. Im Vergleich gewann die Intervallgruppe 40 Prozent mehr an Sauerstoffkapazität als die Ausdauergruppe und 28 Prozent mehr an Kraft, wodurch ein höherer Fettabbau und ein größerer Kraftzuwachs zu verzeichnen waren (2).

Das Homeworkout lässt sich auch als sogenanntes AMRAP absolvieren, was für „as many rounds as possible“ steht. Hierbei wird sich ein bestimmtes Zeitintervall von zum Beispiel 15 oder 20 Minuten gesetzt, in dem so viele Runden wie möglich von vorher festgelegten Übungen mit einer bestimmten Wiederholungszahl absolviert werden müssen. Ein Training könnte dann so aussehen: In zehn Minuten müssen so viele Runden wie möglich von jeweils fünf Kniebeugen, Liegestützen, Dips, Hip-Bridges und Burpees absolviert werden. Auch hier lässt sich eine Progression feststellen, indem man beim nächsten Workout mehr Runden anstrebt.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, von jeder Übung erst zwei, dann vier, dann sechs, dann acht usw. Wiederholungen durchzuführen. Hier ist es spannend zu sehen, bis zu welcher Wiederholungszahl man es innerhalb einer vorgegebenen Zeit geschafft hat. AMRAP bietet durch den Wettkampfcharakter auch eine tolle Möglichkeit, sich mit Freunden zu vergleichen und sich gegenseitig – auch aus der Ferne – anzuspornen.

Dieses AMRAP-Workout habe ich beispielsweise mit meinen Schülern im Sportunterricht durchgeführt. Das Ziel ist es, so viele Runden wie möglich in 10 Minuten zu absolvieren – also auch eine tolle Möglichkeit fürs Gruppentraining, da hier jeder in seinem eigenen Tempo arbeiten und das Workout somit differenziert kann.

Ich wünsche dir jetzt ganz viel Spaß bei deinen Homeworkouts. Werde selbst zum Experten deines Trainings und nimm deine körperliche und mentale Gesundheit selbst in die Hand!

Elisa Dambeck – Fitness Professional

 

Quellen:

(1) Boyle, M. (2017). Functional Training. Das Erfolgsprogramm der Spitzensportler. 1. Auflage. München: riva.

(2) Lauren, M. (2014). Fit ohne Geräte. Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht. 17. Auflage. München: riva.

(3) Markworth, P. (2010). Sportmedizin. Physiologische Grundlagen. 24. Auflage. Hamburg: Nikol.

(4) Weineck, J. (1998). Sportbiologie. 6. Auflage. Balingen: Spitta.

 

 

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