Auch in diesem Jahr habe ich beim Veganuary mitgemacht und mich schon das dritte Jahr in Folge einen Monat lang vegan ernährt. Das tut mir nach dem ganzen deftigen Essen, den Feierlichkeiten und der weihnachtlichen Bequemlichkeit im Dezember einfach gut. Ich finde es spannend, andere Rezepte auszuprobieren, neue Lebensmittel kennenzulernen und zu beobachten, wie mein Körper auf die Veränderungen reagiert. Ich finde es toll, dass man automatisch offener wird und eigene sowie kulturelle Gewohnheiten überdenkt, wenn man sich mit dem Thema vegane Ernährung beschäftigt.
Als Sportlerin haben sich jedoch auch Unsicherheiten und Fragen ergeben wie: Kann ich mit veganer Ernährung meinen Nährstoffbedarf decken? Nehme ich genug Eiweiß zu mir? Muss ich etwas supplementieren? Und verändert sich meine Leistungsfähigkeit? Mit all diesen Fragen und Gedanken habe ich mich an Vegan-Expertin Cathrin Umlauf gewendet, die gemeinsam mit ihrem Partner Tobias Hopfer pb Fitness gegründet hat – also plantbased Fitness. Als Coaches beraten sie vor allem SportlerInnen, die sich vegan(er) ernähren wollen. Cathrin und Tobi gehen mit gutem Vorbild voran, ernähren sich schon seit Jahren vegan und stehen fast täglich als Kursleiter oder Trainierende auf der Fitnessmatte. Das Interview mit Cathrin war nicht nur aufschlussreich, sondern auch witzig und motivierend. Lest selbst:
Cathrin, warum ernährst du dich vegan? Und wie kommt es, dass du so eine Leidenschaft für das Thema entwickelt hast und nun auch andere auf ihrem Weg begleitest?
Ganz einfach: Weil ich´s kann. Tobi und ich haben es vor ein paar Jahren zur Fastenzeit ausprobiert und es spricht nichts dagegen, sich auch als SportlerIn vegan zu ernähren. Am Anfang waren wir vor allem aus ethischen Gründen motiviert, aber mittlerweile sehen wir auch die gesundheitlichen Vorteile. Für uns gehören Ernährung und Fitness einfach zusammen und wir haben uns schon immer Gedanken über die Optimierung von Leistungsfähigkeit im Sport und Alltag gemacht. Vegane Ernährung ist da einfach logisch.
Je mehr wir uns mit dem Thema beschäftigt haben, desto überzeugter wurden wir von pflanzlicher Ernährung. Das Image vom „schwachen Veganer“ muss endlich weg. Deshalb möchten wir mit gutem Vorbild voran gehen und zeigen, dass es funktioniert. Mit pb Fitness machen wir eigentlich nichts anderes als bei unseren Fitnesskursen: Wir sind von etwas begeistert und geben unser Wissen weiter, um andere mitzuziehen. Schließlich verkauft sich immer das am besten, von dem man absolut überzeugt ist. =)
Welche Tipps gibst du Menschen, die ihre Ernährung auf vegan umstellen wollen?
Der erste Schritt muss sein, sich darüber im Klaren zu sein, warum man die Ernährung umstellen will. Es ist wie immer: Mit einem starken Warum hält man länger durch. Der zweite wichtige Punkt ist, sich nicht verrückt zu machen, zum Beispiel wegen eines potenziellen Nährstoffmangels. Man muss nicht gleich alles richtig machen und kann den Weg in seinem eigenen Tempo gehen. Manche unserer Kunden fangen beispielsweise an, einzelne Mahlzeiten auf vegan umzustellen oder manche Lebensmittel wie Wurst wegzulassen. Es ist ja auch schon lobenswert, sich veganer zu ernähren, denn schließlich kann das der Einstieg in eine komplett vegane Lebens- und Ernährungsweise sein. Die meisten merken nämlich, dass es gar nicht so schwer ist, sich pflanzlich zu ernähren, und dass Sorgen und Ängste nicht berechtigt waren. Trotzdem darf man nicht naiv an die Sache rangehen und hoffen, dass schon alles passen wird – vor allem wenn man Leistung erbringen will. Ich empfehle, sich Hilfe vom Experten zu holen oder erst einmal damit anzufangen, Fachbücher und Blogbeiträge zu pflanzlicher Ernährung zu lesen. Man kann es aber durchaus mit einem Trainingsplan vergleichen: Einer passt eben nicht für alle. Für eine ausgewogene vegane Ernährung spielen sehr viele Faktoren eine Rolle.
“Die ultimative Ofebkartoffel” aus dem Kochbuch von Deliciously Ella.
Siehst du Vor- und Nachteile der veganen Ernährung explizit für SportlerInnen?
Tja, man muss eben bereit sein, sich mit der eigenen Ernährung als Pfeiler der Leistung auseinanderzusetzen. Grundsätzlich gilt: Wer sich nicht ausgewogen ernährt, hat mit Nachteilen zu rechnen. Eine Ernährungsform ist also nicht per se gut oder schlecht, sondern immer nur die individuelle Umsetzung. Ein Nachteil der veganen Ernährung könnte die geringere Energiedichte in pflanzlichen Lebensmitteln sein. Bleibt man unterm Energiebedarf, kann es zu Leistungsabfällen kommen, da der Körper dann nicht optimal versorgt wird. Auf der anderen Seite steht aber ein Haufen von Vorteilen. Zum einen profitiert man von der hohen Mikronährstoffdichte wie Antioxidantien, Vitaminen und Mineralstoffen. Außerdem haben pflanzliche Lebensmittel einen hohen Kohlenhydrat- und Protein-Anteil – inklusive aller essenziellen Aminosäuren – und kein Cholesterin, was sich positiv auf Gesundheit und Performance auswirken kann. Gehen mit der Ernährungsumstellung gesündere Essgewohnheiten einher, sinkt auch das Risiko für Erkrankungen und die Leistungs- und Regenerationsfähigkeit steigern sich potentiell.
Was hältst du von Alternativen zu Wurst, Käse und Co.? So richtig gesund sind die ja nicht.
Was heißt denn überhaupt gesund? Es gilt hier das Gleiche wie immer: Erst die Dosis macht das Gift und wenn man es in Maßen genießt, geht das in Ordnung. Diese Alternativen sollten natürlich nicht die Grundlage der Ernährung darstellen, sondern vielmehr unverarbeitete Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide. Ich finde es gar nicht so schlecht, dass diese Produkte recht teuer sind, da man so noch einmal mehr darüber nachdenkt, ob man einen Fleisch- und Wurstersatz wirklich braucht. Vegane Ernährung funktioniert nämlich auch ganz ohne =) Hier lohnt sich auch nochmal ein Blick auf unsere Ernährungspyramide.
Muss man als SportlerIn supplementieren, wenn man sich vegan ernährt?
Auf jeden Fall sollte man Vitamin B12 supplementieren, das nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt. Übrigens haben aber auch die meisten Carnivoren einen B12-Mangel, weshalb ich jedem Menschen nur empfehlen kann, den Spiegel mal beim Arzt checken zu lassen. Außerdem sind Omega3, Selen, Vitamin D, Jod und Kalzium im Blick zu behalten. Auch hier sollte man aber nicht einfach drauf los supplementieren, sondern mit dem Hausarzt besprechen, was und in welcher Dosis. Ratsam ist es, einmal im Jahr die wichtigsten Werte durch eine Blutprobe überprüfen zu lassen.
Hast du Tipps für gemeinsames Essen mit Familie und Freunden, die sich nicht vegan ernähren?
Regel Nummer 1 ist, am Tisch nicht übers Essen zu reden und anstrengende Diskussionen zu vermeiden. Mit unseren Familien war die Anfangszeit gar nicht so einfach, aber inzwischen gibt es immer super leckere, vegane Gerichte, die dann auch alle mitessen. Bei größeren Feiern, wo jeder etwas beisteuert, bringen wir auch selbst etwas Veganes mit. Insgesamt sehen wir die schöne Entwicklung, dass immer mehr Freunde und Familienmitglieder offener werden, auch selbst rein pflanzlich kochen und Lebensmittel wie Hummus regelmäßig im Einkaufswagen landen. Natürlich hat sich unser Freundeskreis auch gewandelt, vor allem sind neue Menschen dazu gekommen, die die gleichen Werte vertreten. Da fühlt man sich dann einfach wohl.
Wie kann man sich von dir bzw. euch helfen lassen?
Am besten nimmt man mit uns Kontakt über unsere Website https://www.pbfitness.de/ auf. Wir nehmen uns gern Zeit, jeden auf seinem Weg zu einem gesünderen und vegan(er)en Ich zu unterstützen.
Danke für das tolle Interview.
Über meine Erfahrungen während des Veganuary 2022 und warum ich mich nicht immer vegan ernähre, kannst du hier im Interview lesen.